Lügen Sie Ihre engsten Freunde an? Natürlich tun Sie das!

Wir werden nach Strich und Faden belogen. Nicht nur von Politikern oder missgünstigen Kollegen, sondern auch von unseren engsten Freunden. Auch wir sagen ohne zu erröten die Unwahrheit in deren Gesichter. Freunde belügen sich allerdings nur in bestimmten Situationen.

Der amerikanische Psychologe und Lügenforscher Robert Feldman hat beobachtet, dass sich Menschen im Kennenlerngespräch dreimal innerhalb der ersten zehn Minuten anlügen. Nach seinen Analysen dient das Geflunker dazu, Unsicherheiten zu überspielen, Kompetenzen vorzugaukeln und Freundschaften überhaupt erst entstehen zu lassen. Beim Kennenlernen machen sich die Menschen zum Beispiel Hobbies und Interessen zu eigen und schaffen so die Illusion von Gemeinsamkeiten.

Gute Lügner sind sogar beliebter. Feldman gab Jugendlichen in einem Experiment ein abscheulich schmeckendes Getränk. Vor laufender Kamera sollten sie es als köstlich anpreisen. Die Jugendlichen, die das am überzeugendsten konnten, hatten im Durchschnitt mehr Freunde und wurden von Lehrern eher als sozial kompetent eingestuft. Sozial geschickte Menschen lügen auch häufiger. Laut Feldman verstehen sie es besser, was die soziale Situation erfordert. Sie praktizieren das Lügen unbewusst als eine wirksame Technik. Weniger beliebte Menschen sind nicht so sensibel dafür, was ihre Gesprächspartner hören wollen, daher sind sie eher verletzend.

In einem weiteren Experiment von Feldman wurden Versuchspersonen Dinge über sie selbst gesagt. Wenn es negative Aussagen waren, wollten sie es lieber nicht hören. Auf Dauer lässt sich die Wahrheit aber nicht beliebig zurechtrücken, sonst erhält der „Belogene“ nie ein treffendes Feedback über sich selbst. Wer wirklich sehen will wo er steht, sollte die Wahrheit suchen. Nur die ist eben manchmal schmerzhaft… so neigen wir dazu, sie zu meiden.

Die Psychologin Bella DePaulo (University of California) fand heraus, dass die Mehrheit der Lügen egoistisch motiviert sind, etwa um Schwächen zu verbergen oder sich vor etwas zu drücken: „Tut mir leid, ich kann heute nicht auf deine Kinder aufpassen, ich habe schon etwas vor“, während die Wahrheit hätte lauten müssen: „Ich habe keine Lust!“. Ein Drittel der Lügen unter Freunden sind laut DePaulo Schmeicheleien und Beschönigungen. „Hübsch, wie du aussiehst, da kommt bestimmt bald jemand anderes“ wird dann zur Freundin gesagt, deren Augenringe verraten, dass sie gestern von ihrem Partner verlassen wurde.

Einen Preis hat die Lügerei aber auch: Die meisten Menschen empfinden beim Schwindeln leichtes Unwohlsein, Entfremdung, ein Makel auf der Freundschaft. Laut Bella DePaulo sollte daher die Lüge weise genutzt werden. Absolute Aufrichtigkeit würde manche Beziehung ernsthaft gefährden. Denn allgemein neigen wir dazu, uns als überdurchschnittlich attraktiv und intelligent einzuschätzen. Und wer, wenn nicht unsere Liebsten, sollte uns darin bestärken?

Herzliche Grüße,

Frank Thiel
Trainer für Kunden- und Gästekommunikation im Tourismus

XING ǀ FACEBOOK ǀ GOOGLE+ ǀ INSTAGRAM

Bildquelle: © Monkey Business – Fotolia.com